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Mercedes entscheidet sich wieder für Wolff: Warum das verständlich ist

15. Januar ab 19:30
  • GPblog.com

Laut der sich ständig drehenden Gerüchteküche soll Toto Wolffs Position bei Mercedes aufgrund der enttäuschenden Ergebnisse der letzten beiden Saisons unter Druck stehen. Tatsache ist, dass der Österreicher selbst am Montag bekannt gegeben hat, dass er noch mindestens drei weitere Saisons als Teamchef bleiben wird. Aus Sicht von Mercedes ist das eine logische Vertragsverlängerung.

Im niederländischen Fußball standen die Fans des SC Heerenveen einst vor der Tür des Vorsitzenden Riemer van der Velde. Damals dümpelte der friesische Fußballverein am unteren Ende der Ersten Liga, und die Anhänger hatten die Nase voll: Sie wollten den Cheftrainer Foppe de Haan loswerden. Der exzentrische Van der Velde hörte das Gejammer und versprach, darüber nachzudenken. Die Fans gingen nach Hause. Einen Tag später verlängerte der Vorsitzende den Aufenthalt von De Haan in der Zwischenzeit.

"Diese Unklarheit ist also auch wieder aus der Welt", war Van der Veldes Begründung damals. Der Präsident stand fest hinter seinem Trainer, und mit der Klarheit kehrte intern und extern wieder Ruhe ein. De Haan wurde später mit dem SC Heerenveen sehr erfolgreich und wurde schließlich zu einer Vereinsikone. Van der Veldes Vorgehen erinnert also an Wolffs Vertragsverlängerung.

Mercedes will Ruhe um Wolff

Gerade als die Spekulationen über die Zukunft des Teamchefs und Miteigentümers von Mercedes AMG F1 in den Medien und bei den Fans immer heftiger wurden, kam die Ankündigung, dass der Österreicher länger bleiben wird. Wie der SC Heerenveen hat sich auch Mercedes wohl gedacht: "Wir haben schon genug um die Ohren. Wir können uns die Spekulationen über Wolffs Zukunft sparen". Mit der neuen Verpflichtung ist das Signal an alle Zweifler klar: Wolff ist der Mann, der es bei Mercedes schaffen kann. Ende.

Wie wir alle wissen, hatte Mercedes zwei - gelinde ausgedrückt - magere Jahre. Nach Jahren der Dominanz in der Formel 1 war das Ergebnis in den letzten beiden Jahren "nur" ein Grand Prix Sieg. Für ein Team mit großen Ambitionen ist das viel zu wenig. Und ja, Wolff ist für die Autos verantwortlich, mit denen Mercedes es nicht geschafft hat, mit Red Bull Racing mitzuhalten. Andererseits: Unter Wolffs Führung haben sie es in der letzten Saison immerhin geschafft, den zweiten Platz in der Konstrukteurswertung zu belegen. Wenn man nicht gewinnen kann, dann ist der zweite Platz immer besser als der dritte(Ferrari) oder vierte(McLaren).

Wolff hat sich bereits bewährt

Wolff hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er ein mittelmäßiges Team, wie es Mercedes in seinen Anfangsjahren war, in ein absolutes Spitzenteam verwandeln kann. Für alle Kritiker, die sofort antworten, dass Mercedes jahrelang mit einem illegalen Auto herumlief? Dafür hat es nie einen Beweis gegeben. Jahrelang wusste Mercedes, wie man die Regeln am besten auslegt und sich an die Vorschriften hält. Vergiss nicht, dass Ferrari und Red Bull Racing von der FIA für ein illegales Aggregat bzw. für die Überschreitung der Budgetobergrenze bestraft wurden.

In der absoluten Führungsspitze von Mercedes ist man überzeugt, dass Wolff immer noch der richtige Mann ist, um das Team wiederzubeleben. Bei so viel Erfolg ist es verständlich, dass Wolff mit dem nötigen Kredit rechnen kann. Schließlich kann man nicht immer der Beste sein. Selbst Real Madrid oder Bayern München schaffen es manchmal nicht, Meister in ihren Ländern zu werden. Außerdem würde die Entlassung von Wolff wenig bringen. Denn wer müsste dann den Job machen? Es gibt derzeit niemanden im Fahrerlager, der die gleiche Autorität oder Kompetenz wie Wolff hat - außer vielleicht Christian Horner von Red Bull. Außerdem ist es nicht selbstverständlich, dass ein Teamchef, der sich im Mittelfeld auszeichnet, sich auch an der Spitze problemlos behaupten kann. Denk an Fred Vasseur. In seinem ersten Jahr bei Ferrari musste er feststellen, dass es etwas anderes ist, Alfa Romeo zu managen, als der Chef von Ferrari, dem Stolz Italiens, zu sein.

Wolff bei Mercedes unantastbar?

Bei Mercedes hat es in letzter Zeit einige Veränderungen an der Spitze des Unternehmens gegeben. Wenn eine andere Person gegangen wäre, hätte das Team möglicherweise das Ruder aus der Hand gegeben. Für ein Team, das sich im Aufbau befindet, ist das fatal. Ist Wolff also völlig unantastbar? Sicherlich nicht. Er muss Mercedes unbedingt helfen, an die Spitze zurückzukehren. Doch die dafür gesetzte Frist spricht Bände.

Die Chancen, dass Mercedes Red Bull unter den aktuellen Regeln einholt, sind verschwindend gering. Die Geschichte hat das in früheren Perioden der Dominanz eines Teams bewiesen. Aber Wolff wird die Chance haben, Mercedes nach der weitreichenden Regeländerung 2026 anzuführen. Das wird der eigentliche Messpunkt sein: Wenn Mercedes bis dahin wieder die Nummer eins ist, könnte Wolff leicht für die nächsten Jahre bleiben. Wenn Mercedes weiterhin die zweite Geige spielt, dann wäre der Moment von Wolffs Abschied in der Tat zum Greifen nah.